Psychotherapie ist geiler Scheiß.

Meine Langzeittherapie war fast zu Ende, als meine Therapeutin in Mutterschutz ging. Ich hatte vorab die Wahl, meine Stunden gleich aufzubrauchen, oder sie mir für die Zeit nach dem Jahr aufzuheben. Als „Rezidivprophyllaxe“, um zu schauen wie es mir mit der Therapiefreiheit so ergeht und zu reflektieren, wie es mir erging.
Da die Depression bei mir keine einmalige Angelegenheit ist, habe ich mich für die nachhaltigere „in-einem-jahr-das-ist-ja-noch-eeeewig-hin-schaff-ich-das-wirklich-gaaanz-alleine?!“-Variante entschieden. Mein Umfeld hatte jedoch – so glaube ich – größere Sorgen vor der therapiefreien Zeit, als ich selbst.

Auch wenn ich bis auf ein paar Tiefs (ja, das hört niemals richtig auf, aber es wird erträglicher) wirklich gut klar kam, musste ich immer wieder feststellen, was für ein riesen Luxus es ist, mit einer studierten und ausgebildeten, mir objektiv gegenüber eingestellten Person sprechen zu dürfen und gemeinsam mit ihr die Verknotungen meines Unterbewusstseins zu entwirren.
Ihr konnte ich niemals vorhalten „jaaa, Sie mögen mich ja aber auch irgendwie und deshalb sagen Sie jetzt sowas nettes um mich aufzuheitern aber eigentlich stimmt das alles gar nicht!“ wenn ich mal wieder meine Selbstzweifelplaylist am durchrattern war. Sie hat die unangenehmen wie die schönen Themen angesprochen und Sherlock Holmes-like die Dinge, Muster und Beziehungen aufgedeckt, die mir schaden und meine Depression begünstigen. Sie hat mir immer und immer wieder sanft Geduld gepredigt und mindestens alle zwei Wochen meine Wahrnehmung gerichtet. Sie ist ein Profi und ich bin ihr unendlich dankbar für alles.

Mit ihr konnte ich also Gespräche auf einer ganz anderen Ebene führen. Das war gefühlt Reflektieren in Höchstgeschwindigkeit, auch wenn ich über ein Jahr bei ihr saß. Aber auf vieles wäre ich im Diskurs mit mir selbst wahrscheinlich nieeemals gekommen.
Psychotherapie ist und bleibt ein Luxus für mich und ich hoffe, dass unser Gesundheitssystem bald besser wird, sodass noch mehr Betroffene schneller in diesen Genuss kommen dürfen und die Therapeuten angemessen für ihren Einsatz entlohnt werden. 🖤

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Eva
Eva

illustriert und schreibt über Themen rund um psychische Gesundheit