Eine meiner Wichtigsten Errungenschaften aus der Psychoedukationsgruppe war die Erkenntnis, dass ich nicht einfach ein beschissen, schlechter Mensch bin, der sein Leben nicht auf die Reihe bekommt, weil er es morgens nicht mal aus dem Bett schafft. Der Punkt ist, dass ich unter einer Krankheit leide, zu deren Symptomen eine krasse Erschöpfung und Antriebslosigkeit gehört.
Ihr glaubt gar nicht, wie oft ich mich dafür fertig gemacht habe, dass ich einfach nichts auf die Reihe bekomme. Das hat meine Anriebslosigkeit nur verstärkt und es ging mir noch schlechter. Die klassische Abwärtsspirale also. Als mir klar gemacht wurde, dass ich nur bedingt etwas dafür kann und dass im Bett herumlungern bei schwer Depressiven halbwegs „normal“ ist, hat mich das dermaßen erleichtert und entspannt, dass ich meinen Blei-Phasen mit viel mehr Gelassenheit begegnen konnte. Wenn man erkältet ist, macht man sich ja schließlich auch keine Vorwürfe oder zweifelt an seinem Wesen, nur weil man gelben, schleimigen Schnupfen hat.
Der Unterschied beim Schnupfen ist, dass man in sehen, schmecken und ins Taschentuch schnäuzen kann, so lange, bis die Nase nicht mehr läuft. Bei Antriebslosigkeit ist es ein Bisschen schwieriger die Ursachen und Auswirkungen zu begreifen. Daher ist es deutlich schwieriger, sich mental davon zu distanzieren und anzunehmen, dass das nicht zum Charakter gehört.
Macht euch bitte nicht fertig wegen sowas.
P. S.: In der Grafik seht ihr einen Bereich, in dem sich beides überschneidet. Das meint, dass ihr im Idealfall auch von eurer Erkrankung profitieren könnt. Man ist nach einer Therapie zwar absolut kein Psychotherapeut, dennoch lernt man, andere Perspektiven einzunehmen, sich selbst ordentlich zu hinterfragen und: sich zu entspannen. Das sind Fähigkeiten, für die ich in meinem Alltag und Jobleben sehr dankbar bin. 🖤