Warten.

Wartezeit – depridisco

Warten darauf, dass es nächste Woche vielleicht wieder besser wird und ich einfach weiterleben kann, wie vorher. Warten darauf, dass es abklingt; warten auf helle Momente, in denen ich etwas tun kann. Warten auf den Partner, der abends erst von der Arbeit kommt. Warten auf Besserung. Okay, dann vielleicht erst übernächste Woche. Warten auf den Moment, in dem ich es schaffe aufzustehen. Warten auf das Christkind. Warten auf Sonne.

Warten auf das 5-Minuten-Zeitfenster der Psychologentelefonsprechstunde. Warten auf Rückmeldungen. Warten in der Warteschleife. Warten auf einen Moment in dem ich es schaffe, da auch wirklich nochmal anzurufen. Warten auf einen Therapieplatz, „wir sind leider voll bis Herbst…“. – Ich hab mal sowas gelesen wie: „Menschen mit schweren psychischen Problemen finden höchst wahrscheinlich seltener einen Therapieplatz, weil sie die Hürden des Gesundheitssyytems nicht überwunden bekommen.“ – sprich, zehnmillionen Therapeuten abtelefonieren und um Hilfe bitten, wenn schon der Gedanke daran, es nicht alleine zu schaffen, schon völlige Panik in mir auslöst. Und dann noch ewig warten – ich brauche aber doch *jetzt* Hilfe, schließlich bin ich nun nach etlichen Monaten des mit-mir-Ringens so tief unten, dass ich mich endlich – fast zu spät – für therapeutische Unterstützung entschieden habe…

Warten darauf, dass es leichter wird. Warten auf den Brief der Klinik, warten auf die Antwort der Versicherung, warten darauf, dass es hell wird. Warten, dass der Kaffee durchgelaufen ist und in mir zu wirken beginnt. Warten, bis ich einschlafe, wach werden, warten. Warten, warten, warten.

Ich warte seit Oktober, als ich zum ersten Mal das Gefühl hatte, dass ich wieder tiefer drin hänge, als mir lieb ist. Auf die eigene Einsicht, dass ich vielleicht dieses Mal mehr Hilfe brauche und nicht einfach nach zwei Wochen wieder die Alte bin. Auf den Klinikaufenthalt, und auf fast alles andere auch. Ich schwebe in meiner Bleiglocke und alles fühlt sich so ewig an. Ich will gerne mein Leben selbst in die Hand nehmen und mich nicht so „abwartig“ fühlen, doch meist fehlt mir dazu die Kraft.

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Eva
Eva

illustriert und schreibt über Themen rund um psychische Gesundheit